„Wenn Übersetzerinnen und Übersetzer ihren Text an der Wirklichkeit messen können, wird die Übersetzung lebendig!“
Rundbrief, Frühling 2021

Diese Worte wurden vor einigen Jahren anlässlich einer Israel-Studienreise für unsere IBT-Übersetzerinnen und Übersetzer ausgesprochen. Unser kabardinischer Übersetzer fasste seine Erfahrungen auf dieser Reise so zusammen: „Ohne Zweifel, diese Reise war eine der grossartigsten meines Lebens. Wir hatten Gelegenheit, alle in den biblischen Geschichtsbüchern erwähnten Orte zu sehen. Das war eine wunderbare Erfahrung! Wenn ich jetzt den Bibeltext lese, kann ich mir die Orte des Geschehens vorstellen; ob sie nun im Norden, im Süden, im Osten oder im Westen liegen – ich weiss, wie es dort aussieht. Mein Übersetzen ist nun nicht mehr ein mechanischer Prozess des blossen Kombinierens von Wörtern – es spiegelt, was wirklich war. Wenn Übersetzerinnen und Übersetzer ihren Text an der Wirklichkeit messen können, wird die Übersetzung lebendig.“

Aber diese Reise nach Israel war nicht die einzige wichtige Erfahrung, die der kabardinische Übersetzer beschrieb. Auch die regelmässig durchgeführten IBT-Übungsseminare für Übersetzer gehörten dazu. Man konnte spüren, dass diese Trainingsanlässe für ihn nicht blosse Routine, sondern richtige Abenteuer waren. „Diese Workshops rufen dir alles, was du über die Geschichte Israels weisst, zusammen mit dem ganzen Wortschatz deiner Muttersprache in Erinnerung. Du musst dich nicht nur auf deinen Exegeten einstellen, sondern auch auf die Dozenten, die uns Anweisungen geben, wie wir zu Lösungen für bestimmte Übersetzungsprobleme kommen können. Das Programm der Workshops ist intensiv, und wir müssen bis an unsere Grenzen gehen, um Antworten auf wirklich wichtige Fragen zu finden. Das ist aber nicht vergebliche Mühe. Ich habe grosses Vergnügen daran.“

Seine Beschreibung liess mich an ein Musikstück denken, das in einer Vielfalt an Tempi von Allegro zu Adagio und wieder zurück wechselt. Offenbar verband der kabardinische Übersetzer das Lernen mit Schnelligkeit, Anspannung und extremen Umständen. Als er dann aber den Übersetzungsprozess an sich beschrieb, sprach er von einer lang andauernden, langsamen Arbeit, indem er Begriffe wie „herumsitzen“ und „wie eine Schildkröte herumtrotten“ brauchte. Sowie aber der mühsame Übersetzungsprozess an Erfahrung gewann, kam wieder die „Geschwindigkeit“ als das passendste Bild für die neu erworbene Arbeitsqualität in seine Beschreibung. „Wir sind manchmal wie eine langsame Schildkröte, so schwierig ist das Übersetzen wirklich. Es scheint doch so einfach: Der Text liegt vor mir, und ich kenne die wörtliche Bedeutung jedes einzelnen Wortes. Ich kann den Text in Sinneinheiten aufteilen und ihn Wort für Wort übersetzen, aber dann zeigt es sich, dass diese wohl durchdachte Übersetzung nicht zum Kontext passt. Ich hätte viel mehr Hintergrundinformationen berücksichtigen sollen: das historische Umfeld und all das Ungesagte zwischen den Zeilen. Ich gebe ein Beispiel: Die Übersetzung des Buchs der Sprüche nahm sehr viel Zeit in Anspruch. Sie dauerte mehr als sechs Jahre. Es gab so viele Möglichkeiten, den Text zu übersetzen. Am Schluss hatten wir 16 verschiedene Übersetzungsversionen, und aus diesen mussten wir die besten Verse auswählen. Ich erreichte grosse Erfahrung im Suchen nach Begriffen und Ausdrücken und lernte, mit Geschwindigkeit zwischen zahlreichen Schlüsselbegriffen zu navigieren. Als Resultat dieser Erfahrung mit den Sprüchen können wir nun die Probleme, die bei neuen Abschnitten der heiligen Schrift auftauchen, ohne Zeit zu vertrödeln schneller lösen.“

Am Ende des Jahres 2020 erhielt das IBT einen Brief vom Koordinator des kabardinischen Projekts mit einer Rückmeldung zur oben erwähnten Übersetzung der Sprüche: “Die Freundin meiner Frau gab die Sprüche einer ihren Freundinnen weiter mit der Bitte, nur ein einziges Kapitel zu lesen, um zu überprüfen, ob der Text verständlich sei. Diese Frau konnte aber nicht mehr aufhören, sie las weiter und weiter bis zum Ende des Buches, seufzend, staunend, Bemerkungen machend und Zustimmung äussernd. Danke für Ihre wertvolle Arbeit, die den Tscherkessen grossen Gewinn bringen wird!“

Ende 2020 veröffentlichten wir die zweisprachige Ausgabe des Predigerbuches mit zwei nahe verwandten tscherkessischen Sprachen: West-Tscherkessisch (Adygeisch) und Ost-Tscherkessisch (Kabardinisch). Das Grossprojekt, das die beiden Übersetzerteams zur Zusammenarbeit verband, erforderte von allen grosse im Vorhinein erworbene Übersetzungsfähigkeit und eine breit gefächerte Vision. Die beiden Exegeseberater mussten eine einheitliche Textauslegung entwickeln, und die beiden Übersetzer gaben ihr Bestes, um die gleichen Wortschatzeinheiten ihrer jeweiligen Muttersprache für grundlegende Konzepte zu verwenden. Der kabardinische Übersetzer teilte uns seine Freude darüber mit, dass als Nebenprodukt dieser Zusammenarbeit sein Team ein Wort, das in den vergangenen Jahren einen Teil seines reichen Bedeutungsspektrums verloren hatte, wieder in den aktiven Gebrauch zurückholen konnte. Dieses Wort ist sogar der Buchtitel geworden: „Wir nannten das Buch Jakio, was bedeutet ‚der Herold, der seine Botschaft verkündet oder etwas predigt‘. Das Wort hat viele Bedeutungsschattierungen, und es gibt in unserer Sprache kein anderes, das das hebräische Wort kohelet besser wiedergeben könnte. In der vergangenen Zeit ist diesem Wort jedoch nur noch eine Bedeutung geblieben, nämlich ‚einer, der etwas ausruft‘. Die Bedeutung von einem gehobenen literarischen Stil ist dagegen verloren gegangen. Die adygeische Sprache hat dieses Wort jedoch in seiner vollen Bedeutung bewahrt, was nicht weiter verwunderlich ist, liegt diese Sprache doch noch näher an unseren gemeinsamen tscherkessischen Wurzeln. Das Wort selber wird auf Adygeisch ein wenig anders geschrieben – Jakiye. Darum hat nun das Buch zwei Titel: den adygeischen und den kabardinschen. Mit unserer Übersetzung hauchen wir dem kabardinischen Wort neues Leben ein. Wir haben das Thema auch mit Mitarbeitenden an kabardinischen Zeitungen besprochen und die Redaktoren von einigen Radioprogrammen konsultiert. Als wir vorschlugen, dass dieses Wort nun auch wieder in seiner breiteren Bedeutung gebraucht werden könnte, waren sie einverstanden: ‚Ja, es passt wirklich.‘ Und nun wird es schon in neuen Zusammenhängen eingesetzt.“

Nach dieser Geschichte, die zeigt, wie das Team einem kabardinischen Wort seinen verloren gegangenen ursprünglichen Sinn zurückgab, könnte man leicht zur Ansicht kommen, die kabardinische Übersetzung folge sehr hohen stilistischen Ansprüchen und das Zielpublikum sei ein kleiner Kreis hochgebildeter Menschen. Dieser Eindruck wird noch durch die Tatsache bestärkt, dass der Übersetzer Leute aus Presse und Radio konsultierte, die ja auch zu einer kleinen Gruppe gut ausgebildeter Leute gehören. So könnte man denken, dass die zweisprachige Ausgabe des Predigerbuches für die grosse Mehrheit der Lesenden keine einfache Lektüre sein wird. Das IBT hat da aber von einem, der das Buch in seiner Gegend verteilt hat, neulich eine ganz andere Nachricht erhalten:

„Heute haben meine Frau und ich 10 Exemplare dieses Buches unserer Freundin Tanya (Name geändert) gegeben, weil sie es ihren Verwandten in ihrem Heimatdorf schenken will. Und das sagte sie uns über das Buch: ‚Wenn ich den Prediger auf Russisch lese, verstehe ich alles. Aber wenn ich dieses Buch in meiner eigenen Sprache lese, kommt es mir so nahe und berührt mich so tief, wie wenn meine Eltern zu mir sprächen. Vor Ergriffenheit schaudert es mich richtiggehend. Danke für dieses Buch!‘“

Es scheint, den Team-Mitgliedern sei es gelungen, verschiedene Schichten der Wirklichkeit in ihrer Übersetzung zusammen zu bringen – den gemeinsamen Grund der einst ungeteilten tscherkessischen Sprache, die Geschichte des alten Israel und die menschliche Suche nach dem Lebenssinn. Und das ist ja ein Kernthema des Predigers, der alle menschlichen Wege in ihrer begrenzten Weisheit ausprobiert hat und die Sinnlosigkeit des Lebens ohne Gott bezeugt. All diese Bedeutungsstränge haben tatsächlich dieser Übersetzung Leben eingehaucht, und sie ist nun so lebendig wie die Stimme der Eltern für ihre Kinder.

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